Das bulgarische internationale Erbrecht

Die Freizügigkeit und die Internationalität sind heutzutage schon ein Erkennungszeichen unserer Zeit. Deswegen kommt es immer öfter dazu, dass manche Menschen ihr ganzes Leben durch im Ausland wohnen und auch dort sterben. In diesem Fall stellt sich die Frage nach ihrem Nachlass. Die Erbschaft wird in diesem Fall vom internationalen Recht geregelt. Die betreffenden Rechtsnormen sind nach bulgarischem Recht im Art. 89 bis 92 vom Gesetzbuch des internationalen Privatrechts enthalten.

Der Nachlass von unbeweglichem und von beweglichem Vermögen unterliegt unterschiedlicher Regelung. So richtet sich der Nachlass eines Grundstücks zum Beispiel nach der Rechtsordnung des Staats, wo dieser belegt. Umgekehrt unterliegen die beweglichen Sachen der Rechtsordnung im Land, wo der Erblasser seinen letzten Wohnsitz gehabt hat.

Eine Rechtswahl durch den Erblasser ist eingeschränkt zulässig. Der Erblasser ist in der Regel dazu berechtigt, eine Rechtswahl zu machen, soweit diese den Pflichtteilsrechten nicht wiederspricht. Die Wirksamkeit der Rechtswahl bestimmt sich nach dem gewählten Recht, das die Voraussetzungen für die Wirksamkeit vorschreibt. Es geht hier um das Erbstatut des Nachlasses.  Das Erbstatut bestimmt insbesondere die gesetzlichen Erben, die Pflichtteilsrechte; es regelt die Annahme und Ausschlagung der Erbschaft, die mit dem Erwerb der Erbschaft zusammenhängenden Fragen.

Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 650/2012

Als Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) haben die Verordnungen der EU unmittelbar Geltung für die Republik Bulgarien und sind unmittelbar angewendet. Die am 04. Juli 2012 von dem Europäischen Parlaments und dem Rat verabschiedeten Verordnung Nr. 650/2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses findet auch in Bulgarien auf die Rechtsnachfolge von Personen Anwendung, die am 17. August 2015 oder danach verstorben sind (Artikel 84 der Verordnung), angewendet.

Zweck der Verordnung

Der Zweck der Verordnung auf die Beseitigung der Hindernisse gerichtet, die beim Ausüben von Rechten bei Erbfälle mit internationalen Bezug vorkommen. In dem europäischen Rechtsraum sollen die EU-Bürger die Möglichkeit zur Verfügung haben, die in Verbindung mit ihrer Erbschaft stehenden Fragen im Voraus zu organisieren. Die Rechte der Erben und der Vermächtnisnehmer, sowie der Gläubiger der Erbmasse müssen effizient gesichert sein (laut P. 7 von der Verordnung (EU) Nr. 650/2012). Der Anwendungsbereich der neuen Verordnung soll alle zivilrechtlichen Aspekte bezüglich des Erbens des Vermögens eines Verstorbenen umfassen.

Rechtswahl

Eine wichtige Veränderung ist, dass die rechtlichen Beziehungen anlässlich des Todes nach dem geltenden Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Verstorbenen zur Zeit seines Todes geregelt werden. Als gewöhnlicher Aufenthalt wird dieser Aufenthalt bezeichnet, der mehr als 185 Tage in einem Kalenderjahr dauert. Während dieses Zeitraums muss der Verstorbene in Bulgarien gewohnt haben. Eine Ausnahme von der Regel des gewöhnlichen Aufenthalts besteht bei einer engen Verbindung des Verstorbenen zu einem anderen Land – in diesem Fall werden die rechtlichen Beziehungen nach dem Recht dieses anderen Landes geregelt. Laut Art. 22 Abs. 1 der VO steht einer Person die folgende Möglichkeit zur Verfügung – sie darf als anwendbares Recht das Recht des Staates wählen, welcher Staatsangehörige sie zum Zeitpunkt der Wahl oder des Todes ist.

Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses

Eine weitere wichtige neue Regelung der Verordnung (EU) Nr. 650/ 2012 ist das sogenannte Europäische Nachlasszeugnis. Falls ein solches Zeugnis ausgestellt wird, hat es eine unmittelbare Rechtswirkung innerhalb der Staaten der EU, d. h. dass keine spezielle Vorgehensweise erforderlich ist, damit dieses Zeugnis innerhalb eines EU-Staates wirksam ist. Das Hauptziel dieses Nachlasszeugnisses ist das ganze Erbverfahren zu erleichtern.

Vollstreckbarkeit:

  1. gerichtlicher Vergleiche - die Entscheidungen, die in einem EU-Land getroffen werden, werden in der EU direkt anerkannt, wobei kein spezielles Verfahren erforderlich ist. Die Entscheidungen, die in einem EU-Land getroffen werden, sind in einem anderen EU-Land durchsetzbar, wenn diese Entscheidung auf Antrag eines Beteiligten von dem Gericht oder einem zuständigen Behörden für vollstreckbar erklärt wird.
  2. Vollstreckbarkeit öffentlicher Urkunden - die öffentlichen Urkunden, die in einem EU-Staat ausgestellt sind, haben in den anderen EU-Ländern dieselbe Beweiskraft wie diese in dem die Urkunde erstellten Staat. Die öffentlichen Urkunden, die in einem EU-Staat ausgestellt sind, sind in einem anderen Staat der EU vollstreckbar, wenn der Beteiligte einen Antrag darauf vor dem Gericht oder vor einer zuständigen Behörde gestellt hat.